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Kompetenzzentrum Vielfalt
Gute Beispiele

Interkulturelles Ehrenamt in Rüsselsheim

Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund zu stärken und ins Ehrenamt zu holen, das war 2010 die Grundidee von Carmen Größ vom Frauenzentrum Rüsselsheim bei der Realisierung eines Integrationslotsenprojekts. Die Stadt, in Person von Mostafa Lyasami vom Interkulturellen Büro, unterstützte diese Idee und im Rahmen des Landesprojekts „Modellregion Integration“ gab es über drei Jahre entsprechende Fördermittel. Im Laufe der Konzeptionsphase entschloss man sich, das Projekt auch für Männer zu öffnen. „Wir haben nun die Quote von zwei Drittel Frauen und einem Drittel Männer und das hat sich auch bewährt“, erläutert Carmen Größ. Denn manches Mal ist es von Vorteil, wenn der Integrationslotse männlich ist. Die Qualifizierungen und Vertiefungsseminare werden vom Frauenzentrum durchgeführt, die Koordination erfolgt über das Interkulturelle Büro der Stadt. Das Institut INBAS Sozialforschung hatte in den ersten Jahren das Lotsenprojekt wissenschaftlich begleitet. „Auf diese Weise hatte es von Anfang an eine große Aufmerksamkeit in der Stadt“, stellt Mostafa Lyasami fest.

Ehrenamt muss professionell begleitet werden

Das zeigt sich auch daran, dass nach wie vor ein starker Zulauf von Menschen mit ausländischen Wurzeln in das Projekt besteht, und auch für die im Oktober 2018 beginnende Basisqualifizierung sind bereits im August ohne Werbung 17 Interessierte registriert. Bevor es jedoch so weit ist, führt Mostafa Lyasami mit allen Interessierten ein Informationsgespräch, bei dem ein Fragebogen zu Motivation, Sprachfähigkeiten und anderem ausgefüllt wird.

Am Anfang ging alles über den Schreibtisch von Mostafa Lyasami, inzwischen hat eine Kerngruppe unter den Ehrenamtlichen die Koordinierung der Einsätze übernommen. Dazu gehört unter anderem die dreimal wöchentlich stattfindenden Sprechstunden im Rathaus personell zu besetzen. Anfragen von Behörden und Ämtern gehen weiterhin meistens telefonisch und per E-Mail an das Interkulturelle Büro und Mostafa Lyasami leitet diese dann an die passende Person weiter. Einmal im Monat gibt es ein Pooltreffen. „Auf der vorbereiteten Tagesordnung stehen dann Fallbesprechungen, Themen wie Elternzeit und Kindergeld oder auch immer wieder Grenzen ziehen“, führt Lyasami auf. „Es zeigt sich immer wieder, dass Ehrenamt professionell begleitet werden muss.“

Aus den Pooltreffen ergeben sich oft Themen für Vertiefungsseminare und auch die Inhalte der Basisqualifizierung haben sich im Laufe der Zeit geändert. Da die Anfragen für die Lotseneinsätze evaluiert werden, zeigte sich seit Sommer 2015 ein zunehmender Bedarf zu Antworten rund um das Thema Asyl. Inzwischen gehören Geflüchtete verstärkt zur Zielgruppe der Hilfesuchenden.

Mehrwert in der Lotsentätigkeit

Von den in acht Jahren ausgebildeten Integrationslotsinnen und -lotsen sind zurzeit etwa 20 aktiv, einige bereits von Anfang an. In Coaching-Gesprächen stellt Carmen Größ immer wieder fest, dass „die Teammitglieder es sehr schätzen, für ihr Engagement auch viel zurückzuerhalten. Es steigert ihr Selbstwertgefühl, sie haben es mit vielen neuen Themen zu tun und ihr inneres Wachsen wird auch äußerlich sichtbar“. Das Frauenzentrum bietet den Teilnehmerinnen kostenlose Coachingkurse an, und inzwischen konnten sich einige Frauen auch beruflich neu orientieren: Zwei sind in der Stadtverwaltung tätig, eine ist Minijobberin im Museum.

Bei der Lotsentätigkeit ist Mostafa Lyasami Wertschätzung sehr wichtig. So ist die Zertifikatsübergabe nach der Basisqualifikation festlich gehalten, bei der neben Vertretern aus Politik und örtlichem Netzwerk auch die Familienangehörigen eingeladen sind. In ihren Einsätzen werden Neulinge mit erfahrenen Lotsinnen und Lotsen im Team tätig und erhalten zur Grundausstattung ein Starterpaket mit Kalender und Stiften. „Doch es gehört auch das Vergnügen zur Lotsentätigkeit und daher findet im Sommer immer ein gemeinsames Essen statt, das von allen gestaltet wird.“